Achteinhalb Monate bist du heute alt, kleiner Knautz. Achteinhalb Monate, die vergangen sind wie ein Fingerschnipsen. Und die gleichzeitig so lang, so erfüllt waren, dass ich keine Ahnung mehr habe, wie es damals so war, zuvor, ohne dich. Ohne die beiden kleinen Händchen, die mir morgens zum Aufwachen ins Gesicht tatschen. Ohne die Spuckefäden auf meinem Lieblingspulli, ohne die kleinen Käsefüßchen, ohne dein Lausbuben-Kichern, ohne diesem wachen, neugierigen Blick, dem nie etwas zu entgehen scheint. Wie war das damals, ohne fettige Handabdrücke auf dem Spiegel im Flur, ohne die Mittagsschläfchen gemeinsam mit dir auf dem Sofa, ohne dein endloses Gemecker, wenn du mal wieder mehr willst als du kannst, ohne die langen Spaziergänge bei jedem Wetter, nur du und ich und die Stille. Das alles muss wahnsinnig ereignislos gewesen sein, damals.
Es gibt so viel über dich zu erzählen, kleiner Milan, und ich tue es so selten, weil ich die Momente kaum in Worte fassen kann, weil ich Angst habe, dem großen Ganzen nicht gerecht werden zu können. Weil Worte nicht ausdrücken können, wie es sich anfühlt, dir beim Aufwachsen zuzusehen, dich auf deinem Weg zu begleiten. Diese Liebe ist etwas, das nicht in Worte gefasst werden will, sie will nicht ausgesprochen, sondern immer nur gefühlt, jeden Tag neu gelebt werden. Sicher ist, dass ich mich in den letzten achteinhalb Monaten nicht ein einziges Mal mit dir gelangweilt habe. Ich, eigentlich die Königin des Gelangweilt-seins, ist die Langweile doch sonst meine Königsdisziplin, die ich immer und überall ausüben kann. Mit dir habe ich das Langweilen verlernt. Auch wenn sich die Abläufe oft gleichen, war jeder Tag einzigartig, gefüllt mit einzigartigen Momenten, mit so vielen ersten Malen, und alle haben wir sie gemeinsam erlebt.
Und jetzt sind achteinhalb Monate vergangen. Wie gestern scheint es mir, als wir dich aus dem Krankenhaus nach Hause brachten. Wenn ich darüber nachdenke, was in der Zwischenzeit alles passierte, bin ich stolz, auf dich, auf mich, auf uns als Familie. Damals konntest du nichts, du warst einfach da, du schliefst viel, abends vor dem Einschlafen fiel dir oft ein, wie schlecht du die Welt findest, und du weintest und weintest und wir konnten nur da sein und dich halten und dir immer wieder sagen, dass wir immer für dich da sein werden.
Und jetzt, nach achteinhalb Monaten, kannst du so viel, dass ich mich manchmal frage, ob du es nicht ein wenig eilig hast. Du krabbelst, du sitzt, du ziehst dich überall hoch, du willst dich noch maximal mit einer Hand festhalten, wenn überhaupt. Wenn man einmal nicht hinsieht, sortierst du meine Kochbuch-Sammlung neu, inspizierst eingehend die Klobürste oder versuchst, in die Waschmaschine zu klettern. Beim Essen willst du den Löffel nur noch selbst halten und immer auf der falschen Seite in die Banane beißen.
Achteinhalb Monate, und jeder Tag mit dir war mir ein Fest, kleiner Milan. Auf die nächsten achteinhalb. Ohne Langeweile, aber mit so vielen ersten Malen.